Warum und wie kann ich durch mein SAP-Projekt Mehrwert für die gesamte Organisation generieren?

Problemstellung

Umstellungen oder Erneuerung der technischen Infrastruktur sind für viele Unternehmen heute regelmäßig an der Tagesordnung. Solche Projekte sind aufwendig und mühsam. Sie binden Kapazitäten, verursachen Störungen in der Prozesskette und schaffen „gefühlt“ erst einmal mehr Probleme als sie lösen. So werden Projekte, wie z.B. die standortübergreifende SAP-Einführung, ein neues Warenwirtschaftssystem für bessere E-Commerce-Performance oder die längst fällige Modernisierung der Logistik schnell zum zermürbenden Stresstest für alle Beteiligten oder sogar für die gesamte Organisation.

Ursachen

Die Ursachen für derartige Probleme sind vielschichtig und oft auch in der Organisation selbst, d. h. in ihren Strukturen, begründet. Oft werden Projekte hektisch und unkonzentriert vorbereitet sowie isoliert und nicht im abteilungsübergreifenden Kontext betrachtet. Wie sich ein technisches Update – oder sogar ein kompletter Systemchange  auf die gesamte Infrastruktur sowie auf angrenzende Bereiche innerhalb der Organisation auswirkt, wird vorab in viele Fällen nicht ausreichend und gewissenhaft genug durchdacht. Beispielweise werden IT-Prozesse geändert, aber die logistischen-, kaufmännischen- und administrativen Prozesse nicht mitbetrachtet.

Daneben fehlt zudem eine verbindlich festgelegte Unternehmensstrategie, in die die operativen Ziele eingebettet sind und aus der sich passende Vorgehensweisen für jeden Bereich ableiten lassen. Ein klares Zielbild ist jedoch bei umfangreichen Projekten unerlässlich, um den Projektplan zu strukturieren und Themen im Konfliktfall sinnvoll priorisieren zu können.

Die Realität stellt sich deshalb leider vielmals in etwa so dar: Nach dem holprigen Kaltstart merkt das Projektteam schnell, was man bereits im Vorfeld alles hätte bedenken und (anders) planen müssen. Das Kind dann noch aus dem Brunnen zu holen, ist umso schwieriger, je mehr Interdependenzen im neuen System bestehen. Wenn dann Teilthemen eskalieren und auf überforderte Mitarbeiter und Abteilungen treffen, ist deren Bereitschaft zur Unterstützung der notwendigen Veränderung in vielen Fällen ebenfalls passé. Verzögerungen, Zielkonflikte und hoher Ressourceneinsatz sind die Folge.

Lösungsansatz

Die beschriebene negative Entwicklung ist nahezu immer vermeidbar, sofern das Projekt ganzheitlich und zielbezogen konzipiert wird. Dabei liegen gute Ansatzpunkte in der operativen Projektplanung und -realisierung bereits früh vor:

  • Der Veränderungsbedarf wurde konkretisiert, Lösungsansätze sind bereits detailliert umrissen
  • Ein Anforderungskatalog wurde definiert, um die am besten geeignete
    (Software-)Lösung zu finden
  • Ein bereichsübergreifendes Team, welches das Projekt steuert und begleitet, ist aufgestellt

Damit wurde jedoch der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Zunächst einmal wäre es grundsätzlich sinnvoller, frühzeitig und vorausschauend ins Projekt einzusteigen, um das Optimierungspotenzial für die gesamte Organisation voll auszuschöpfen. Dazu bedarf es allerdings lange vor dem operativen Kick-off gründlicher Vorarbeit unter Beteiligung der Geschäftsführung und der Fachbereiche. Fragen, die beispielsweise mithilfe eines moderierten Prozesses vorab beantwortet werden sollten, sind:

  • Welche Unternehmensziele sollen durch das Projekt erreicht werden – worauf zahlt es also letztlich ein?
  • Wie wird sich die Organisation und auch Rollen/Abläufe/Aufgaben durch dieses Projekt verändern und wie kommuniziert man diese Veränderung?
  • Welche Fachbereiche müssen einbezogen werden und wo muss mit Widerstand gerechnet werden – wie können diese Zielkonflikte aufgelöst werden?

Erst wenn klar ist, welche Unternehmensziele in welchem Zielzeitraum durch die Veränderung/den Launch unterstützt werden sollen, lässt sich davon ausgehend eine effiziente Aufgabenverteilung im Projektteam planen.

Checkliste: Die wichtigsten Aufgaben vor dem offiziellen Projektstart

  • Intensive Vorbereitung und Planung im Pre-Projekt-Workshop

Die aus unserer Sicht wirksamste Methode, um die Interessen der Stakeholder und die Unternehmensziele in konkrete Maßnahmenpakete zu übersetzen, ist ein frühzeitig durchgeführter Workshop mit den Projektbeteiligten. Hier können die Ziele und Anforderungen des geplanten Vorhabens skizziert und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf angrenzende Teams/Funktionen durchleuchtet werden. Unnötiger Druck, Fehler und Konflikte, die durch „Learning-by-doing“ während des laufenden Projekts unter Garantie entstehen, kann man so eingrenzen oder sogar vermeiden.

  • Rahmenbedingungen für das Projekt schaffen (Geschäftsführung & Steuerungskreis)

Ein wichtiger Teil wirksamer Steuerung ist die sichtbare Unterstützung des Prozesses durch die Unternehmensleitung. Im Rahmen der Vorbereitung sollte die Geschäftsführung dafür sorgen, dass dem Projektteam der Rücken freigehalten wird und das Projekt in der Organisation ausreichend priorisiert ist. Wenn angemessene zeitliche, wirtschaftliche und mentale (Wertschätzung!) Ressourcen bereitgestellt werden, reduziert sich die Gefahr von Zielkonflikten um ein Vielfaches.

„Wer nicht weiß, wohin er will, braucht sich nicht darüber zu wundern, wo er ankommt.“

  • Ziele- und Anforderungen klar definieren, ganzheitlich denken

Eine verbindliche Zieldefinition schafft Klarheit und vereinfacht Entscheidungen sowie Priorisierungen, die in jedem komplexen Projekt immer wieder erforderlich sind. Ohne ein klares Zielbild ist auch eine ganzheitliche Planung schwierig bis unmöglich. Deren großer Vorteil liegt aber darin, dass Probleme im Vorfeld bereits erkannt werden können und nicht plötzlich im laufenden Projekt auftreten, wenn eine Lösung denkbar schwierig ist. Der Blick über den Rand des eigenen „Silos“ ist zwar für alle Beteiligten anspruchsvoll und manchmal auch anstrengend, verhindert aber die viel größere Katastrophe: Verärgerte Kunden, interne Konflikte und schlussendlich wirtschaftliche Verluste durch ein schlecht gemanagtes Großprojekt.

  • Gesamte Organisation und vor allem mitbetroffene Abteilungen einbeziehen und vorbereiten – wer sind die wichtigsten Anspruchsgruppen, was ist deren Rolle?

Hohe Transparenz und eine gut vorbereitete, regelmäßige Kommunikation sind ebenfalls unabdingbar. Bereits weit vor dem operativen Start gilt es, regelmäßig zu informieren und die Mitarbeiter „abzuholen“. Nur wer den Sinn und Zweck einer Veränderung verstanden hat, wird diese auch gerne mittragen und effektiv unterstützen. Geschäftsführung und Projektleitung sollten immer daran denken, Projektbeteiligte wie z.B. Key User, direkt betroffene Abteilungen, aber auch die gesamte Organisation in einem strukturierten, auf die jeweiligen Zielgruppen zugeschnittenen Prozess umfassend einzubeziehen.

  • Klare Berichtsstrukturen und KPIs im und für das Projekt festlegen

Frühzeitig sollte zudem klar sein, wer dem verantwortlichen Lenkungskreis angehört, wie Arbeitsstrukturen und Freigabeprozesse geregelt sind, welche Teilziele/Meilensteine sowie Evaluationsmethoden gelten. Nachvollziehbare Ziele und Vorgehensweisen, die langfristig und vor allem verbindlich festgelegt werden, bilden anschließend sichere Leitplanken für einen meist langwierigen, unter Umständen phasenweise schwierigen Prozess.

Fazit

Ein komplexes Projekt bietet immer auch die Chance Organisationsstrukturen und etablierte Prozesse ganzheitlich zu überprüfen und weiter zu verbessern. So kann über den reinen operativen Nutzen ein zusätzlicher Mehrwert für die gesamte Organisation erzeugt werden.

Grundlage für eine erfolgreiche Ausgestaltung dieses Change-Prozesses ist allerdings, dass mit entsprechendem Vorlauf geplant wird. Ein verbindliches strategisches Zielbild sowie klar formulierte Aufgaben und Vorgehensweisen sind essenziell, um Zielkonflikte und Störungen zu vermeiden. Aufgabe der Projektleitung ist es, einen vorausschauend gedachten, gründlichen Ablauf bereits in der Pre-Projektphase zu ermöglichen, die strategische Basis zur Verfügung zu stellen und das Projektteam zu „enablen“.

Das Projektteam wiederum sollte mögliche Auswirkungen der geplanten Maßnahme auf angrenzende Bereiche schon frühzeitig vor dem Projektstart erfassen, mit dem Zielbild abgleichen und strukturiert in den Planungsprozess einbringen. Sofern man diese Vorgehensweise beherzigt, kann ein eigentlich „langweiliges“ und „unspektakuläres“ IT-Projekt ein Startschuss dafür sein “verkrustete“ Organisationsstrukturen aufzubrechen, Prozesse gesamtheitlich zu verändern und neue, besser abgestimmte Vorgehensweisen im Unternehmen zu etablieren.